Exkursion: Landstuhl, Maria Rosenberg, Pirmasens (dem Text ist eine Bildergalerie und eine Bilderübersicht angefügt)
Der Heimatverein wandelte am 06.Oktober 2012 auf Spurensuche in der Westpfalz. Die Reisegruppe aus Geinsheim fuhr mehrere Zielpunkte an und machte den ersten Halt in Landstuhl. Weitere Besuche wurden dem Wallfahrtsort "Maria Rosenberg und der Wirkungsstätte von Pfarrer Nardini in Pirmasens abgestattet.
Die „Sickingenstadt“ Landstuhl grenzt im Norden an die Westpfälzische Moorniederung (Landstuhler Bruch) und im Süden an die Sickinger Höhe, die von Moosalb, Wallhalb und Auerbach in 3 Teile gegliedert ist. Als früheste Spuren einer ständigen Besiedlung wurden Steinkranzgräber aus der La-Tene-Zeit um 500 v. Chr. auf der Gemarkung Landstuhl gefunden. Aus der Keltenzeit stammt der „Heidenfels“, ein Quellheiligtum zwischen Landstuhl und Kindsbach. Die Existenz einer Römersiedlung mit Gräberfeld wird durch Münzfunde aus dem 1. bis 4. Jahrhundert belegt.
Aus dieser Zeit stammen die „Sickinger Würfel“, die Reste eines Säulengrabmals aus dem 2. Jahrhundert darstellen.
Landstuhl wurde Mitte des 12. Jahrhunderts Zentrum der gleichnamigen Herrschaft, die Ende des 15. Jahrhunderts an die Herren von Sickingen kam. Den Namensbestandteil „Sickingenstadt“ trägt Landstuhl seit 1995.
Das Geschlecht der Sickinger: Franz von Sickingen
Das Adelsgeschlecht des Kraichgauer Uradels derer von Sickingen mit Ludewicus de Sickingen wird 1289 erstmals erwähnt. Aus dem Geschlecht sind bedeutende Angehörige hervorgegangen, die sowohl in geistlichen wie weltlichen Ämtern zu großem Einfluss gelangten. Bekanntestes Familienmitglied war Reichsritter Franz von Sickingen, geboren am 02. März 1481 auf Burg Ebernburg und am 07.Mai 1523 auf Burg Nanstein gestorben.
Als sein Vater Schweikhardt im März 1509 starb, hinterließ er seinem einzigen Sohn Franz neben der Ebernburg als Stammsitz einen großen Streubesitz zwischen Nahe, Unterelsaß und Kraichgau. Außerdem konnte er über ein ansehnliches Vermögen wie Bargeld, Investitionen im Silber- und Kupferbergbau und Schuldverschreibungen verschiedener Reichsfürsten verfügen.
Um 1500 heiratete Franz von Sickingen Hedwig aus dem Adelsgeschlecht der Flersheimer, die am 09. Januar 1515 bei der Geburt ihres siebten Kindes verstarb.
Zunächst stand Franz von Sickingen in kaiserlichem Sold. Ab 1515 führte er zahlreiche Fehden auf der Grundlage des altdeutschen Fehderechts, das ein Faustrecht verkörperte. Seine Unternehmungen fanden meist die Unterstützung des Pfalzgrafen bei Rhein, des pfälzischen Kurfürsten Ludwig des Friedfertigen. Er wurde jedoch 1515 von Kaiser Maximilian I. geächtet, als er, unterstützt von Götz von Berlichingen, mit der Reichsstadt Worms in Streit geriet.
Um sein politisches Überleben zu sichern, trat Franz von Sickingen in die Dienste des französischen Königs Franz I. ein und eroberte mit 16 000 Landsknechten und 7 000 Reitern für Frankreich die Reichsstadt Metz, die sich mit 20 000 Gulden in Gold und einem Monatssold für die Kriegsknechte von der Plünderung freikaufte.
Weitere erfolgreiche Fehden gegen Worms, Lothringen, die Landgrafschaft Hessen und die Reichsstadt Frankfurt brachten ihm nicht nur einen Zuwachs an politischem Gewicht im Reich, sondern weitere beträchtliche Vermögensgewinne ein. Deshalb zog Kaiser Maximilian kurz vor seinem Tod Franz von Sickingen wieder ins eigene Lager.
Nachdem Sickingen 1519 Ulrich von Hutten kennengelernt hatte, sammelte sich eine Reihe von Reformatoren auf der Ebernburg, die dadurch zur Herberge der Gerechtigkeit wurde.
Fehden gegen Köln und Straßburg und ein fehlgeschlagener Frankreichfeldzug brachten Franz von Sickingen in finanzielle Not. 1522 unternahm er als Führer der rheinisch-schwäbischen Ritterschaft den Versuch, das Kurfürstentum und das Erzbistum Trier im Sinne der Reformation zu säkularisieren. Sein Gegenspieler Richard von Greiffenklau zu Vollrads, Kurfürst und Erzbischof von trier, stützte sich auf eine breite Unterstützung anderer Landesfürsten, während die „Aufständigen“ mit der Reichsaht belegt wurden.
Nach der erfolgreichen Eroberung der kurtrierischen Städte Blieskatel und St. Wendel scheiterte die Belagerung Triers im September 1522. Ende April musste sich Franz von Sickingen auf die Burg Nanstein zurückziehen. Nach zweitägigem Beschuss mit angeblich 6464 Kanonenschüssen musste er schwerverwundet am 01. Mai kapitulieren und starb eine Woche später.
Alle Burgen, die teilweise oder vollständig im Eigentum der Sickinger waren, wurden in den folgenden Wochen von der Fürstenkoalition übernommen oder zerstört. Erst 1542 wurden Sickingens Söhne bei Anerkennung der Lehenshoheit der Kurpfalz wieder in die alten Rechte der Familie eingesetzt. Die verschiedenen Zweige des Sickinger-Geschlechts traten im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wieder zum Katholizismus über.
Wallfahrtsort Maria Rosenberg
Das in Waldfischbach gelegene „Maria Rosenberg“ ist ein bekannter Wallfahrtsort, dem ein Alten- und Pflegeheim, ein „Mädchenhaus“ und ein Bildungshaus für Exerzitien und Seminare angeschlossen ist. Um 1150 legten Prämonstratensermönche den Grundstein zur Errichtung der romanischen Gnadenkapelle am „Rodenberg“.
Die erste Erwähnung als Wallfahrtsort datiert aus dem Jahre 1430. Aufgrund der stark steigenden Besucherzahlen in der Kapelle wurde im gleichen Jahr eine eigene Kaplanei eingerichtet. 1570 wurde das Gebiet der Grafschaft Hanau-Lichtenberg zugeschlagen, wobei der protestantische Landesherr die Wallfahrten untersagte. Diese wurden erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wieder aufgenommen, als die Kapelle 1684 wieder in den Besitz der Katholiken kam.
Wegen angeblicher Missstände während der Wallfahrten und der Baufälligkeit der Kapelle wurden die Wallfahrten 1822 durch die Regierung erneut verboten. 1844 erreichte Bischof Nikolaus von Weis die Wiederaufnahme.
Die von der „Bruder-Jörg-Gesellschaft“ gestiftete Wallfahrtskirche wurde zwischen 1910 und 1912 in barockisierendem süddeutschen Heimatstil nach Plänen von Rudolf von Perignon (Würzburg) erbaut.
Kolonnaden mit Brunnenanlagen, ein weitläufiger Park mit historischem Baumbestand und die 1913 nachgebaute Lourdesgrotte sowie ein Kreuzgang aus dem Jahre 1949 runden die Gesamtanlage ab.
Dr. Paul Josef Nardini
Paul Josef Nardini wurde am 25. Juli 1821 als uneheliches Kind in Germersheim geboren und wuchs seit 1823 in der Familie einer Großtante auf. Der Name „Nardini geht auf seinen Pflegevater zurück.
Nach dem Besuch der Volksschule sollte Nardini das Schusterhandwerk erlernen, setzte aber aufgrund seines außergewöhnlichen Talents seine Ausbildung ab 1834 an der Lateinschule seines Geburtsortes fort. Vier Jahre später wechselte er auf das Gymnasium in Speyer und 1840 in das Bischöfliche Konvikt. Nach dem Abitur 1841 folgte das Studium der Theologie in München, wo er am 25.Juli 1846 mit Auszeichnung promovierte.
Am 22. August 1846 wurde Nardini im Speyerer Dom von Bischof Nikolaus von Weis zum Priester geweiht und zwei Tage später zum Stadtkaplan von Frankenthal ernannt. Am 01. Dezember des gleichen Jahres erfolgte die Ernennung zum Präfekten im bischöflichen Konvikt. Da Pfarrer Nardini aber in der Pfarrseelsorge tätig sein wollte, wechselte er am 11. April 1850 als Pfarrverweser nach Geinsheim.
Dort stellte er schnell fest, dass die Seelsorge nicht leicht war: „Nur einer gewissenhaften, umsichtigen Seelsorge, einem rastlosen Eifer und einer vollen männlichen Geistes- und Leibeskraft“ könne es gelingen, die Pfarrei nach Jahren in einen annehmbaren Zustand zu erheben“, schrieb Nardini ans Ordinariat.
Schon wenig später bemerkten die Geinsheimer in einem Brief an den Bischof, dass sie Nardini als einen guten Hirten erkannt hätten: „Unsere Männer sind ganz umgewandelt, unsere Kinder sind neu geboren, wir alle haben jetzt das rechte Licht erhalten. Keiner in Geinsheim, auch wenn er noch so hochbetagt sei, habe je solche Worte des heiligen Evangeliums gehört“.
Als Nardini bereits 1851 nach Pirmasens, damals eine 1800 Seelen zählende Diasporagemeinde, versetzt wurde, unterzeichneten 250 Geinsheimer Frauen ein Gesuch an den Speyerer Bischof und baten: „… daß er ihren bisherigen segensreichen Seelsorger als Pfarrer schenken möge und so die Gnade des Himmels vollkommen mache“.
Um der Not in Pirmasens zu begegnen, errichtete Nardini gegen große Widerstände - vor allem durch den bayerischen Staat - eine Niederlassung der „Niederbronner Schwestern“ aus dem Elsaß. Als nach zwei Jahren die Ausweisung der „Ausländerinnen“ drohte, gründete er am 02. März 1855 eine Schwestern-Gemeinschaft, die er „Arme Franziskanerinnern von der Heiligen Familie“ nannte.
Zwei Frauen, die er aus seiner Zeit in Geinsheim kannte, betraute er mit der Armen- Kranken- und Kinderpflege: Barbara Schwarz (*12.07.1823, + 24.03.1892) aus Geinsheim und Juliane Michel aus Deidesheim. Barbara Schwarz wurde die erste Generaloberin der „Mallersdorfer Schwestern“.
Zu Beginn des Jahres 1862 erkrankte Nardini an einer Lungenentzündung, die er sich bei einem Krankenbesuch zugezogen hatte. Nach seinem Tod am 27. Januar 1862 fand er seine letzte Ruhestätte in
der Kapelle des Nardinihauses in Pirmasens.
1869 wurde das Mutterhaus der „Armen Franziskanerinnen“ in die ehemalige Benediktinerabtei Mallersdorf („Mallersdorfer Schwestern“) in Niederbayern verlegt. Dieser Gemeinschaft gehören zurzeit rund 1200 Ordensschwestern an, die auch in Rumänien und Südafrika vorrangig in der AIDS-Aufklärung und der Betreuung Infizierter tätig sind.
Das Verfahren zur Seeligsprechung von Nardini wurde auf Bitte des von ihm gegründeten Ordens 1990 vom Speyerer Bischof Dr. Anton Schlembach eröffnet. Papst Benedikt XVI schloss das Verfahren mit Dekret vom 26. Juni 2006 ab. Die Feier der Seligsprechung fand am 22. Oktober 2006 im Speyerer Dom mit dem damaligen Erzbischof von München und Freising Kardinal Friedrich Wetter und 2000 Gottesdienstteilnehmern, darunter 600 „Mallersdorfer Schwestern“, statt. Weitere 6000 Personen nahmen über eine Großbildleinwand im Domhof an der Feier teil.
Exkursion in die Westpfalz am 06. Oktober 2012 auf den Spuren von Pfarrer Nardini
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